Autonomes Fahren vor dem Durchbruch, aber die Politik tut sich schwer
Momentan verhindern zwei Dinge die technologische Revolution beim autonomen Fahren: Die Software und die europäische Politik. Ersteres kann durch Startups gelöst werden, aber der Gesetzgeber muss nachlegen. Das autonome Fahren nimmt Gestalt an. Die Hardware, also Prozessoren und Sensoren, sind nicht mehr das große Problem. Die Kamera-, Radar- und Lidar-Systeme arbeiten mittlerweile sehr zuverlässig, bei den Senoren fehlt noch ein wenig Feinschliff. Ebenfalls kaum Engpässe gibt es bei den Prozessoren, welche die von den Sensoren gelieferten Informationsmengen verarbeiten: Das gerade von Nvidia für das Jahr 2024 angekündigte Atlan-System schafft 1.000 Teraflops. Das sind eine Billion Berechnungen pro Sekunde. Laut Nvidia Chef Jenson Huang reiche das locker für ein autonomes Auto aus.
Bleibt also die Software, denn auf sie kommt es an, wie das Auto zu reagieren hat. Da kann der Prozessor noch so schnell sein – wenn die Software schlecht ist, sind die Ergebnisse am Ende auch schlecht. Und somit kommen immer mehr Startups ins Spiel. Prophesee aus Frankreich zum Beispiel, mit dessen Hilfe Renault das autonome Fahren vorantreiben will. Das 2013 gegründete Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Sensoren zu entwickeln, die Informationen schneller sehen und verarbeiten. Ein anderes Startup wäre Applied Intuition, deren Simulationssoftware mittlerweile überall gefragt ist. Das US-Startup May Mobility, welches Shuttle-Busse einsetzt, nutzt die Software von Applied bereits. Das israelische Startup Upstream Security hat sich für den Bereich Sicherheit etabliert. Das von Volvo und Hyundai unterstützte Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, einen KI-basierten Schutz vor Cyber-Bedrohungen für vernetzte Fahrzeuge anzubieten, denn eine echte Gefahr stellen natürlich Hacker dar, die eine ganze Flotte von autonomen Fahrzeugen übernehmen könnten. Allein der Gesetzgeber wartet zu lange. Eines der größten Probleme hat Amnon Shashua, Chef der israelischen Vorzeige-Firma Mobileye, neulich beschrieben: Die Kunden stehen der neuen Technologie skeptisch gegenüber, denn eine Software für diesen Markt muss weniger Fehler machen, als ein menschlicher Fahrer. Eine Studie des Virginia Tech Institute aus dem Jahr 2017 kam zu dem Ergebnis, dass von Menschen gesteuerte Fahrzeuge 4,2 Unfälle pro Million Meilen verursachen, verglichen mit 3,2 Unfällen bei gleicher Strecke durch selbstfahrende Fahrzeuge. Und genau das bereitet auch den Regulierungsbehörden Kopfzerbrechen.
Ab diesem Jahr gibt es in der EU ein Gesetz für das autonome Fahren der Stufe 3 mit Einschränkungen. Es darf momentan nur auf der Autobahn und nur bis 60 Km/h autonom gefahren werden, also im Stau oder bei sehr zähflüssigem Verkehr. Für diese Entscheidung hat der Gesetzgeber fünf Jahre benötigt und so ist nicht abzusehen, wie lange es dann für die Zulassung vollautonomer, fahrerloser Minibusse im Stadtverkehr braucht. Also verhindert im Grunde genommen die langsame Gesetzgebung vor allem in Europa den Fortschritt und den Aufbau einer starken Startup-Industrie für das autonome Fahren. Solange es keine Modellregionen gibt, in denen vollautonome Services angeboten und getestet werden können, wird das Epizentrum der Entwicklung weiter in den USA und in China liegen.